Zusammenfassung des Urteils B 2007/142: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht in St. Gallen hat in einem Steuerstreit zwischen dem kantonalen Steueramt und den Eheleuten D. und M. F. entschieden, dass diese Anspruch auf den Kinderabzug von Fr. 6'000.- sowie den erhöhten Abzug für Versicherungsprämien und Sparzinsen haben. Das kantonale Steueramt legte gegen diesen Entscheid Beschwerde ein, da es die Verhältnisse während der gesamten Steuerperiode berücksichtigt sehen wollte. Das Gericht entschied jedoch, dass für die Beurteilung des hauptsächlichen Unterhalts nur der Zeitraum der Ausbildung relevant ist. Die Berücksichtigung des Vermögens des Kindes wurde als nicht entscheidend erachtet, da es zu geringfügig war, um den Unterhalt wesentlich zu beeinflussen. Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt und keine Umtriebsentschädigung zugesprochen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2007/142 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 12.02.2018 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | UrteilSteuerrecht, Art. 49 Abs. 1 StG (sGS 811.1). Ob ein Steuerpflichtiger für den Unterhalt des Kindes zur Hauptsache aufkommt, ist nicht nach dem Stichtagsprinzip aufgrund der Verhältnisse am Ende der Steuerperiode zu beurteilen, sondern nach den Umständen derjenigen Zeitperiode, in der sich das Kind in Ausbildung befand (Verwaltungsgericht, B 2007/142). |
Schlagwörter: | Ausbildung; Unterhalt; Steuerperiode; Stichtag; Stichtagsprinzip; Hauptsache; Kindes; Abzug; Steueramt; Verhältnisse; Eltern; Beschwerde; Einkommen; Kinder; Pflichtige; Unterhalts; Entscheid; Steuerjahr; Vorinstanz; Kinderabzug; Pflichtigen; Vermögens; Unterstützung; Beschwerdegegner; Verwaltungsgericht |
Rechtsnorm: | Art. 35 DBG ;Art. 95 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Kaufmann, Richner, Frei, Hand zum DBG, Zürich, Art. 213; Art. 35 SR, 2003 |
Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter Dr. E. Oesch-Frischkopf, lic. iur. A. Linder, Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener; Gerichtsschreiber lic. iur. Th. Vögeli
In Sachen
Kantonales Steueramt,Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,
Beschwerdeführer, gegen
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung I/1, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen,
Vorinstanz, und
D. und M. F., Beschwerdegegner,
betreffend
Staats- und Gemeindesteuern (Einkommen und Vermögen 2005)
hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ Die Eheleute D. und M. F. sind mit ihren Söhnen P. (geb. 1991) und J. (geb. 1982) in St. Gallen wohnhaft und beide im Angestelltenverhältnis erwerbstätig. Daneben sind sie bei der ihnen gehörenden F. Treuhand GmbH tätig. J. F. absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und war bis Sommer 2005 berufstätig. Am 1. August 2005 nahm er ein Vollzeitstudium an der Fachhochschule St. Gallen auf. D. und M. F. deklarierten für das Jahr 2005 ein steuerbares Einkommen von Fr. 110'440.-- und ein steuerbares Vermögen von Fr. 123'000.--. Die Veranlagungsbehörde nahm verschiedene Korrekturen vor; namentlich liess sie den für J. geltend gemachten Kinderabzug von Fr. 6'000.-- und den damit verbundenen zusätzlichen Pauschalabzug
von Fr. 600.-- für Sparzinsen und Versicherungsprämien nicht zum Abzug zu. Mit Einsprache-Entscheid vom 30. November 2006 wurde das steuerbare Einkommen auf Fr. 119'700.-- und das steuerbare Vermögen auf Fr. 100'000.-- festgelegt.
./ Gegen den Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts erhoben D. und M. F.- Rekurs und beantragten, die in der Steuererklärung geltend gemachten Abzüge von Fr. 6'000.-- bzw. Fr. 600.-- für den Sohn J. seien zu gewähren.
Die Verwaltungsrekurskommission hiess den Rekurs mit Entscheid vom 21. Juni/5. Juli 2007 gut. Sie hielt fest, J. F. habe sich am 31. Dezember 2005 in Ausbildung befunden. Zu prüfen sei, ob die Rekurrenten per 31. Dezember 2005 für seinen Unterhalt zur Hauptsache aufgekommen seien. Die Pflichtigen hätten den Unterhalt seit Aufnahme der Ausbildung im September 2005 zumindest teilweise übernommen. Die Kosten für Schule, Verpflegung, Unterkunft und Gesundheit würden den wesentlichen Teil der normalen Unterhaltskosten ausmachen. Demgegenüber würden die vom Sohn getragenen Auslagen für Kleider, Freizeit und Hobby weitgehend persönliche Bedürfnisse decken, die über den notwendigen Unterhalt hinausgingen. Dementsprechend sei davon auszugehen, dass die Rekurrenten für den notwendigen Unterhalt zur Hauptsache aufgekommen seien. Das vom Sohn im Jahr 2005 erzielte Erwerbseinkommen bzw. das Wertschriftenvermögen von rund Fr. 30'000.-- sei nicht für den Unterhalt anzurechnen. Dementsprechend hätten die Rekurrenten Anspruch auf den Kinderabzug von Fr. 6'000.-- sowie auf den um Fr. 600.-- erhöhten Abzug für Versicherungsprämien und Sparzinsen. Die Verwaltungsrekurskommission hob den Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts auf und veranlagte die Rekurrenten für 2005 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 113'000.-- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 100'000.--.
C./ Das Kantonale Steueramt erhob mit Eingabe vom 23. August 2007 Beschwerde beim Verwaltungsgericht und stellte den Antrag, der Rekursentscheid vom 21. Juni/5. Juli 2007 sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 30. November 2006 sei zu bestätigen, unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdegegner. Es macht geltend, die Rekursinstanz berücksichtige sowohl bezüglich der Einkünfte des Sohnes als auch hinsichtlich der Unterhaltskosten nur den Zeitraum ab Aufnahme der Ausbildung im September 2005 bis Ende 2005. Es gehe jedoch nicht darum, ob die Pflichtigen
während der Dauer der Ausbildung zur Hauptsache für den Unterhalt von J. aufgekommen seien, sondern ob sie für das Steuerjahr 2005 Anspruch auf den Kinderabzug hätten, weil sie in diesem Jahr zur Hauptsache für den Unterhalt aufgekommen seien. Es gelte grundsätzlich das Stichtagsprinzip, doch sei in gewissen Bereichen zwangsläufig die Situation der gesamten Steuerperiode einzubeziehen. Es gebe keinen vernünftigen Grund, zur Beurteilung der Einkommenssituation des Kindes nur auf das nach Aufnahme der Ausbildung erzielte Einkommen abzustellen. Sachgerecht sei einzig, das Jahreseinkommen des Kindes in der ganzen Steuerperiode zu berücksichtigen. Sodann sei der Sohn aufgrund seines Vermögens nicht auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Wenn der volljährige Sohn nach einer abgeschlossenen Ausbildung nun noch die Fachhochschule besuche, sei es ihm zuzumuten, dass er diese Kosten primär selbst bezahle und deshalb unter anderem auf sein eigenes Vermögen greife.
Die Vorinstanz beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 13. September 2007 unter Hinweis auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheides die Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdegegner beantragen in ihrer Stellungnahme vom 2. Oktober 2007, der Kinderabzug von Fr. 6'000.-- sowie der damit verbundene Abzug für Versicherungsprämien von Fr. 600.-- seien zu gewähren und es sei eine angemessene Umtriebsentschädigung zuzusprechen. Sie halten fest, nach ihrer Auffassung sei das Stichtagsprinzip konsequent anzuwenden.
Die weiteren Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sowie die Erwägungen des angefochtenen Entscheids werden, soweit wesentlich, in den nachstehenden Erwägungen dargelegt und gewürdigt.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
1. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 196 Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt StG; Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP). Das kantonale Steueramt ist zur Ergreifung der Beschwerde legitimiert, und seine Eingabe entspricht zeitlich, formal
und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Art. 196 Abs. 1 StG in Verbindung mit Art. 161 StG und Art. 64 Abs. 1 sowie Art. 48 Abs. 1 VRP). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Die per Anfang 2007 aufgehobene Bestimmung von Art. 46 lit. b StG sah u.a. vor, dass die Kosten der Ausbildung von Kindern in gewissem Umfang von den Einkünften abgezogen werden konnten. Art. 49 StG enthielt jedoch einen Vorbehalt; für den Fall, dass Art. 46 lit. b StG aufgrund des Bundesgesetzes über die Steuerharmonisierung (SR 642.14, abgekürzt StHG) nicht mehr anwendbar war, sah Art. 49 Abs. 1 Ingress und lit. b StG anstelle des Ausbildungskostenabzuges für Kinder nach Art. 46 lit. b StG einen Abzug von Fr. 6'000.-- für jedes volljährige Kind in schulischer beruflicher Ausbildung vor. Nach Art. 49 Abs. 1 Ingress StG setzte die Gewährung dieses Abzugs unter anderem voraus, dass der Steuerpflichtige für den Unterhalt des Kindes zur
Hauptsache aufkommt und keinen Abzug gemäss Art. 45 Abs. 1 lit. c StG beansprucht. In der vorliegenden Streitsache ist die Veranlagung für das Steuerjahr 2005 angefochten, weshalb die zitierten, bis Ende 2006 geltenden Bestimmungen massgebend sind.
Mit den Sozialabzügen trägt das Steuergesetz, ähnlich wie mit den allgemeinen Abzügen, den besonderen wirtschaftlichen Belastungen der Steuerpflichtigen Rechnung. Anders als die allgemeinen Abzüge lassen sie jedoch nicht den Abzug angefallener Aufwendungen zu; vielmehr kann beim Vorliegen bestimmter persönlicher Verhältnisse ein gesetzlich festgelegter Betrag beansprucht werden (Weidmann/ Grossmann/Zigerlig, Wegweiser durch das st. gallische Steuerrecht, 6. Aufl., Muri-Bern 1999, S. 165; Blumenstein/Locher; System des Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002,
S. 264). Sozialabzüge gelten als Element der Tarifgestaltung bzw. Tarifvariation Tarifverfeinerung. Als solche wirken sie grobschlächtig, sie tragen den konkret verausgabten Mitteln bloss typisiert Rechnung. Der Nachweis der entsprechenden Aufwendungen ist nicht erforderlich; es genügt, wenn die Gruppenzugehörigkeit nachgewiesen ist (vgl. M. Reich, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1,
2. Aufl., Basel 2002, N 67 zu Art. 9 StHG).
Nach Art. 48 Abs. 2 StG werden die Sozialabzüge nach den Verhältnissen am
Ende der Steuerperiode der Steuerpflicht festgelegt. Für die Sozialabzüge gilt
somit das sogenannte Stichtagsprinzip. Das Stichtagsprinzip ist ein typisches Beispiel einer gesetzlichen Vereinfachung im Rahmen des Steuervollzugs, indem Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen nicht laufend, sondern (grundsätzlich) nur einmal in der Steuerperiode berücksichtigt werden. Das Stichtagsprinzip gilt indessen nur für die Beurteilung des Status (in einem weiteren Sinn) des Pflichtigen (z.B. Zivilstand, Alter, Unterstützungsbedürftigkeit etc.), nicht aber für die übrigen Voraussetzungen eines Sozialabzuges (vgl. Bosshard/Bosshard/Lüdin, Sozialabzüge und Steuertarife im schweizerischen Steuerrecht, Zürich 2000, S. 109 f.).
Der Sohn der Beschwerdegegner befand sich am 31. Dezember 2005, also am Ende der vorliegend massgebenden Steuerperiode, in Ausbildung. Damit ist das entsprechende Kriterium nach Art. 49 Abs. 1 lit. b StG erfüllt. Dies anerkennt grundsätzlich auch das kantonale Steueramt. Streitig ist hingegen, ob auch der Tatbestand von Art. 49 Abs. 1 Ingress StG erfüllt ist, wonach die Pflichtigen zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufgekommen sind.
Die Streitfrage dreht sich im wesentlichen darum, welcher Zeitpunkt bzw. welcher Zeitraum zu berücksichtigen ist, um die Frage nach dem hauptsächlichen Aufkommen für den Unterhalt zu beantworten. Das kantonale Steueramt hält fest, jedes Steuerjahr sei separat zu prüfen. Ein Abstellen lediglich auf die Verhältnisse ab Aufnahme der Ausbildung blende wesentliche Tatsachen aus, greife damit zu kurz und sei nicht richtig. Grundsätzlich gelte das Stichtagsprinzip, doch sei in gewissen Bereichen (z.B. Unterhaltsbedarf, Einkommen) zwangsläufig die Situation der ganzen Steuerperiode einzubeziehen.
Bezüglich des Tatbestandsmerkmals, ob das Kind in Ausbildung steht, ist die Anwendung des Stichtagsprinzips wie erwähnt unbestritten und an sich auch weitgehend unproblematisch. Nimmt das Kind z.B. Anfang Dezember eine Ausbildung auf, so ist das Tatbestandsmerkmal per Ende der Steuerperiode erfüllt, obwohl es nur während einer kurzen Zeitspanne der gesamten Steuerperiode bestand. Dies ist typisch für die Anwendung des Stichtagsprinzips (Bosshard/ Bosshard/Lüdin, a.a.O., S. 110 f.).
Mit dem Tatbestandsmerkmal, dass der Steuerpflichtige zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufkommt, hat der Gesetzgeber ein Kriterium aufgestellt, bei dem die Anwendung des Stichtagsprinzips versagt. Ob ein Pflichtiger zur Hauptsache für den Unterhalt aufkommt, kann nicht mit Bezug auf einen Stichtag beurteilt werden, sondern erfordert die Würdigung einer gewissen Zeitperiode. Diesbezüglich handelt es sich nicht um eine Statusfrage (fraglich ist auch die im zitierten Schrifttum geäusserte Auffassung, wonach die Unterstützungsbedürftigkeit eine Statusfrage ist).
Entgegen den Ausführungen des kantonalen Steueramts ist es nicht zwingend, dass die Verhältnisse im gesamten Steuerjahr berücksichtigt werden. Es fällt auf, dass der Gesetzgeber Art. 49 Abs. 1 Ingress StG nicht so formuliert hat, dass der Pflichtige während der gesamten Steuerperiode für den Unterhalt des Kindes zur Hauptsache aufkommen muss. Die Vorinstanz stellte auf die seit der Aufnahme der Ausbildung bestehende Einkommenssituation ab. Sie berief sich auf das Stichtagsprinzip und einen nicht veröffentlichten Entscheid.
Das kantonale Steueramt hat in seinen bis Ende 2006 geltenden Weisungen festgehalten, aufgrund der Entstehungsgeschichte knüpfe der Abzug an Voraussetzungen an, die sich nicht taggenau ereignen und feststellen liessen, sondern sich erst über einen gewissen Zeitraum hinweg verwirklichen (Unterhalt zur Hauptsache, in Ausbildung befindlich, ständiger Aufenthalt). Solche anhaltenden Zustände liessen sich nicht in idealer Weise an einem bestimmten Stichtag beurteilen. Grundsätzlich gelte jedoch das Stichtagsprinzip. Bei der Würdigung der Verhältnisse am Ende der Steuerperiode der Steuerpflicht sei indessen den für einen Sozialabzug untypischen Zustandsvoraussetzungen Rechnung zu tragen. Im Einzelfall müssten zur Vermeidung stossender Ergebnisse auch die Verhältnisse während der Steuerperiode mitberücksichtigt werden (StB 49 Nr. 1 Ziff. 4 Abs. 1 in der bis Ende 2006 geltenden Fassung). Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wurde in der Weisung nicht zwingend die Berücksichtigung der ganzen Steuerperiode gefordert. Die Beschwerdeführerin zitiert ihre Weisung unrichtig bzw. fügte den Zusatz "ganze" zum Begriff "Steuerperiode" hinzu. Zu dem in den Weisungen angeführten Beispiel eines Kindes, das in den ersten fünf Monaten einer Steuerperiode seinem erlernten Beruf nachgeht und anschliessend eine Ausbildung aufnimmt, wird ausgeführt, dass die Eltern per Ende Jahr zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufkämen
(Stichtagsprinzip), wenn dieses in den ersten fünf Monaten der Steuerperiode Erwerbseinkommen von Fr. 14'000.-- erziele, anschliessend vollzeitlich die Fachhochschule besuche und die Eltern ab diesem Zeitpunkt für seinen Lebensunterhalt vollständig aufkämen (StB 49 Nr. 1 Ziff. 5.3).
Wie erwähnt, ist das Stichtagsprinzip ein typisches Beispiel einer gesetzlichen Vereinfachung im Rahmen des Steuervollzugs, indem Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen nicht laufend, sondern grundsätzlich nur einmal in der Steuerperiode berücksichtigt werden. Dem Stichtagsprinzip liegt eine Gesamtbetrachtung zugrunde, bei der in Kauf genommen wird, dass im Einzelfall eine steuerliche Bevorzugung Benachteiligung eines Pflichtigen eintreten kann. Entscheidend ist, dass die gesetzliche Regelung nicht generell zu Ungerechtigkeiten führt (vgl. Bosshard/Bosshard/Lüdin, a.a.O., S. 111).
Aus systematischen Gründen und in Anwendung des Stichtagsprinzips wird auf die tatsächlichen Verhältnisse per Ende Jahr abgestellt, wenn es um die Frage geht, ob sich ein Kind in Ausbildung befindet. Obwohl es bei diesem Kriterium möglich wäre, wird nicht auf die Verhältnisse während der Steuerperiode abgestellt und geprüft, ob das Kind während der überwiegenden Dauer des Steuerjahres in Ausbildung stand. Wird geprüft, ob die Eltern für den Unterhalt des Kindes zur Hauptsache aufkommen, muss zwangsläufig eine gewisse Zeitspanne berücksichtigt werden. Dabei ist es sachgerecht und systematisch konsequent, auf jene Zeitperiode abzustellen, in der die am Stichtag geltenden Statusmerkmale vorhanden waren, also auf jene Zeitspanne, in der sich das Kind in der Ausbildung befand. Eine Ausdehnung auf das gesamte Steuerjahr lässt sich steuersystematisch nicht rechtfertigen. Damit würden auch solche Tatsachen berücksichtigt, die sich in einem Zeitraum ereigneten, in dem die Status- Voraussetzungen für den Sozialabzug fehlten. Daher ist es folgerichtig, auch bezüglich des hauptsächlichen Unterhalts auf die Zeit der am Stichtag geltenden Verhältnisse abzustellen.
In der Beschwerde wird als Beispiel angeführt, dass ein Sohn als Bankangestellter in den ersten neun Monaten eines Jahres Fr. 80'000.-- verdient, dann seine Erwerbstätigkeit ganz aufgibt und ab Oktober eine Zusatzausbildung beginnt. Der Beschwerdeführer macht geltend, in einem solchen Fall wäre die Annahme verfehlt, die
Eltern seien zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufgekommen und das Kind sei auf die Unterhaltsleistungen der Eltern angewiesen gewesen. Eine sachlich richtige Beurteilung sei folglich nur möglich, wenn das ganze tatsächliche Jahreseinkommen des Kindes in der betreffenden Steuerperiode berücksichtigt werde. Das Verwaltungsgericht kann sich dieser Auffassung nicht anschliessen. Die von der Beschwerdeführerin kritisierte Folge ist Ausfluss des Stichtagsprinzips. Ebenso ist es möglich, dass bei der Beendigung einer Ausbildung Ende November der Abzug nicht gewährt wird, obwohl während elf Monaten eine Unterstützung zur Hauptsache geleistet wurde. Die Betrachtungsweise des kantonalen Steueramtes würde dazu führen, dass in der Steuerperiode, in der die Ausbildung begonnen wird, zulasten des Pflichtigen das gesamte Jahr berücksichtigt würde, während bei der Beendigung der Ausbildung wiederum zulasten des Steuerpflichtigen das Stichtagsprinzip zur Anwendung gelangt, was widersprüchlich und stossend wäre. Wenn die Ausbildung Ende November abgeschlossen wird, kann zufolge Aenderung des Status' auch beim überwiegenden Unterhalt während der Steuerperiode dieser Umstand nicht berücksichtigt werden. Würde beim Beginn der Ausbildung auf das gesamte Steuerjahr abgestellt, so wäre dies inkonsequent. Wird in Anwendung des Stichtagsprinzip darauf abgestellt, ob die Ausbildung am Ende der Steuerperiode noch besteht, so ist es folgerichtig, wenn auch die Frage des hauptsächlichen Unterhalts lediglich in bezug auf jenen Zeitraum beurteilt wird, in dem das Kind in Ausbildung stand.
Zu prüfen ist weiter, ob die Vermögensverhältnisse des Sohnes der Gewährung des streitigen Abzuges entgegenstehen.
Das Wertschriftenvermögen des Sohnes betrug per Ende 2005 Fr. 30'286.--. Diesen Betrag hat der Sohn offenbar aus der früheren Erwerbstätigkeit gespart. Die Vorinstanz erwog, bei der Klärung der Frage, wer für den Unterhalt des volljährigen Kindes zur Hauptsache aufkomme, sei dessen Vermögen zu berücksichtigen, soweit es den nicht zur Besteuerung gelangenden Betrag von Fr. 75'000.-- zuzügl. Fr. 500.-- pro voraussichtlichen Ausbildungsmonat überschreite. Das kantonale Steueramt erachtet diese Auffassung als nicht akzeptabel. Es gehe nicht um einen Freibetrag für die Vermögenssteuer, sondern darum, inwiefern das Vermögen des Kindes bei der Gewährung des Kinderabzuges zu berücksichtigen sei. Der Sockelbeitrag, der dem Kind verbleiben solle, müsse etwa bei Fr. 10'000.-- angesetzt werden. Zudem könne
entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ein Betrag von Fr. 6'000.-- pro Jahr für jedes Ausbildungsjahr vorweg als unantastbar ausgesondert werden. Ein Kind habe sein Vermögen vielmehr sofort und soweit für seine Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten einzusetzen, bis es auf den Sockelbetrag reduziert sei. Erst anschliessend könne gesagt werden, dass es auf die Unterstützung der Eltern angewiesen sei.
Die Weisungen des Beschwerdeführers sahen vor, dass bis zu Erwerbseinkünften von Fr. 15'000.-- pro Steuerperiode davon ausgegangen werden dürfe, das Kind könne daraus seinen Lebensunterhalt nicht zur Hauptsache selber bestreiten. Inwiefern andere Mittel, wie Vermögen, zur Entlastung der Eltern anzurechnen seien, könne nur im Einzelfall beurteilt werden (StB 49 Nr. 1 Ziff. 3.2 Abs. 4).
Der Kinderabzug kann grundsätzlich auch dann geltend gemacht werden, wenn in zivilrechtlicher Hinsicht keine Unterhaltspflicht besteht. Dies hat der Beschwerdeführer in seinen Weisungen selbst festgehalten (StB 49 Nr. 1 Ziff. 3.2. Abs. 5). Seine Berufung auf den vom Bundesgericht im Urteil 5C.150/2005 vom 11. Oktober 2005 bekräftigten, aber für das Zivilrecht massgebenden Grundsatz, wonach das mündige Kind alle Möglichkeiten auszuschöpfen hat, um seinen Unterhalt während der Ausbildung selbst zu bestreiten, ist daher nicht stichhaltig.
Das Steuergesetz schreibt nicht vor, dass das Kind auf die Unterstützung seiner Eltern angewiesen sein muss, damit der Abzug gewährt wird, dass der Abzug bei erheblichem eigenen Vermögen des Kindes entfällt. Auch im Schrifttum und in den Materialien zum st. gallischen Steuergesetz fehlen entsprechende Hinweise (Weidmann/Grossmann/Zigerlig, a.a.O., S. 167; Botschaft vom 13. Mai 1997, S. 27 bzw. ABl 1997, S. 963). Es fragt sich daher, ob die Berücksichtigung des Vermögens des Kindes überhaupt zulässig ist (vgl. BGE vom 13. Dezember 1996, in: StR 1997, S. 273 ff.). Im Recht der direkten Bundessteuer wird verlangt, dass das unterstützte Kind auf die Unterstützung angewiesen ist (Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Rz. 39 zu Art. 213; Ivo Baumgartner, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht I/2a, Basel 2000, Rz. 25 zu Art. 35 DBG). Es lässt sich zur Begründung dieser Praxis anführen, dass Leistungen an eine Person, die aus
irgendwelchen Gründen nicht auf diese angewiesen ist, keine Unterhaltszahlungen darstellen. Auch bei der direkten Bundessteuer wird aber bezüglich der Berücksichtigung des Vermögens relativiert und dieses nur berücksichtigt, soweit eine Verwertung zur Bestreitung des Lebensunterhalts zumutbar ist (Baumgartner, a.a.O., Rz. 25 zu Art. 35). Vorliegend beträgt das Vermögen des Sohnes rund Fr. 30'000.--. Würde es für den Lebensunterhalt verwendet, wäre es sehr rasch aufgezehrt, wenn die Pflichtigen ihren Sohn nicht unterstützen würden. Im Ergebnis ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Vermögen im Streitfall ausser Betracht liess. Dies bedeutet indes nicht, dass der Freibetrag bei der Vermögenssteuer einen Massstab für die Berücksichtigung des Vermögens bilden muss.
Die Berücksichtigung des Einkommens ist gerechtfertigt, da es bei erheblichen Einkünften am Merkmal der überwiegenden Unterhaltsleistung der Eltern fehlen kann. Beim Vermögen verhält es sich anders. Die Frage braucht indes nicht grundsätzlich geprüft zu werden. Ein Vermögen von rund Fr. 30'000.-- ist, auch im Lichte des vom Beschwerdeführer anerkannten Sockelbetrags von etwa Fr. 10'000.--, zu geringfügig, um als Substrat für die Bestreitung des Lebensunterhalts einer nicht erwerbstätigen Person wesentlich ins Gewicht zu fallen. Die Verwertung zur Finanzierung des Lebensunterhalts erscheint nicht gerechtfertigt.
2.5. Zusammenfassend ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass die Beschwerde abzuweisen ist.
3. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.-- ist angemessen (Ziff. 382 Gerichtskostentarif,
sGS 941.12). Auf die Erhebung ist zu verzichten (Art. 95 Abs. 3 VRP).
Die Beschwerdegegner beantragen eine Umtriebsentschädigung. Sie begründen ihr Begehren damit, der Rechtsstreit habe sie viel Zeit und Mühe gekostet und sie hätten diverse Rücksprachen mit dipl. Steuerexperten bzw. Steuerkommissären genommen. Der Tenor und auch die bisherige Praxis seien ganz klar, dass der Kinderabzug in drei Steuerjahren zu gewähren sei.
Das Verwaltungsgericht erachtet es als unwahrscheinlich, dass Steuerkommissäre Auskünfte zu hängigen Verfahren erteilen. Zudem bestand für die vorliegende Streitfrage keine feste Praxis. Ein Nachweis erheblicher Umtriebe ist jedenfalls nicht erbracht. Daher ist keine Umtriebsentschädigung zuzusprechen.
Demnach hat das Verwaltungsgericht
zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird abgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt, auf die Erhebung wird verzichtet.
./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
V. R. W.
Der Präsident: Der
Gerichtsschreiber:
Versand dieses Entscheides an:
den Beschwerdeführer
die Vorinstanz
die Beschwerdegegner
am:
Rechtsmittelbelehrung:
Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG und Art. 73 StHG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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